Mit Bildern schreiben: ein Feldversuch

Dass Bilder mehr als tausend Wörter sagen können, ist ja bekannt. Aber was passiert, wenn man eigentlich nur ein Wort sagen möchte? Wie kann man ein Bild dazu zwingen, genau das zu sagen, was man will? Und wird es dann auch von anderen so gelesen, wie wir es meinen? Nach einer kurzen historischen Einleitung haben die Teilnehmer/innen unter Anleitung von Alessio Leonardi gelernt, mit Bildern zu lesen und zu schreiben.

Der Workshop begann mit einem kurzen Streifzug durch die Geschichte der Bilder und Symbole, der demonstrierte, wie verbreitet und wichtig die Kommunikation mit Bildern von der Steinzeit bis zum heutigen Tage ist. Die gezeigten Beispiele machten deutlich, dass die Reduzierung der Formen, und damit ihre Einprägsamkeit, in vielen Kulturen schon seit Jahrtausenden erreicht wurde und bis heute kaum zu übertreffen ist.

Wir »lesen« täglich Bilder ohne es noch wahrzunehmen: im Aufzug, auf der Straße, in einem Café, am Parkautomaten, am Flughafen, am Bahnhof … Es sind Piktogramme, die eine feste Bedeutung besitzen, aber manchmal bei genauerer Betrachtung auch sehr lustige oder skurrile Assoziationen hervorrufen: zeigt das Schild mit einer Frau, einem vertikalen Strich und einem Mann eine Toilette oder will es uns sagen, dass zwischen den zwei Geschlechtern eine unüberwindbare Wand des Misstrauens steht?

Aus diesen Assoziationen entstand die Idee, wieder mit Bildern zu schreiben, so wie es vor der Entwicklung unserer phonetischen Schrift schon der Fall war.

Die Teilnehmer nahmen die Herausforderung ohne Wimperzucken an und begannen, Ideen auf dem Papier zu skizzieren. Nach einer halben Stunde stand schon bei allen ein Thema fest, und es wurde einfach losgelegt. Einige verwendeten schon vorhandene Piktogramme, andere kreierten ihre eigenen, experimentierten mit den Formen, dem Abstraktionsgrad und dem Stil der Zeichen.
Wunderbar war es, mal wieder ohne Rechner zu arbeiten, nicht aus dogmatischen und reaktionären Gründen, sondern um zu erfahren, was für Möglichkeiten es sonst noch gibt, jenseits von Bildschirm und Laserdrucker.

Die Teilnehmer wurden aufgefordert, eine eigene Grammatik zu entwickeln, um mit den Bilder zu schreiben und nicht zu illustrieren. Gleiche Zeichen sollten z. B. immer als solche benutzt werden und nicht mal so und mal so.
Es war sehr schön zu sehen, wie die Entwürfe untereinander gezeigt und nach ihrer »Lesbarkeit« überprüft wurden.
Die Mehrheit der Teilnehmer arbeitete nicht im Team, und dennoch waren die Diskussionen, Ideen und Vorschläge sehr rege.

Am Ende standen um die 15 Arbeiten da, alle sehr unterschiedlich was Inhalt und Form angeht, aber alle sehr spannend und überraschend. Die Präsentation am letzten Workshopstag wurde zur Rätsellösestunde, mit viel Vergnügen auch für die Teilnehmer von den anderen Workshops.