Vorhang auf für Typografie!

Buchstabenproportionen, Schriftcharakter und Duktus sind Dinge, von denen man eventuell schon gehört hat – doch was war das genau? Im Workshop von Susanna Stammbach haben die Typo-Interessierten festgestellt, dass die Theorie der Schriftgestaltung alles andere als grau und die Praxis eine überaus spannende Sache ist.

Das fiktive Magazin »grotesk.now« soll bekannter werden. Um dies zu erreichen, entwickelten die Teilnehmer eine Wortmarke und gestalteten damit einen Briefbogen inklusive Adressblock sowie den dazugehörigen Briefumschlag.

Die Schrift für die Wortmarke »grotesk.now« entstand aus drei Übungen aus Susanna Stammbachs Buch »Typotheater«. Während beim »Streifenhörnchen« Buchstaben aus gleich langen Papierstreifen gefaltet wurden, entwickelten sie sich bei »Schnauz und Bart von Eduard« durch das collagenartige Zusammenfügen von Satzzeichen (Punkt, Komma, Gedankenstriche). Die dritte Variante erinnerte an ein Baukastensystem, bei dem aus der Kombination unterschiedlich langer gerader Teilen mit Kurven die Schrift entstand.

Bei allen Übungen galt es, ein Gespür für Schrift zu entwickeln, das Gehirn zu »lockern«. Was braucht ein Buchstabe um als solcher erkannt zu werden? Wie hoch ist eigentlich ein »t« im Vergleich zu einem »k«? Muß man jeden einzelnen Buchstaben erkennen, um ein Wort lesen zu können?
Ohne sich dessen bewusst zu sein, achteten alle auf die Anordnung ihrer Buchstaben. Es gab eine Grundlinie, die Zeichen wurden ausgeglichen, die Laufweite bestimmt usw.

Nachdem jeder Teilnehmer alle Übungen unter Anleitung von Susanna Stammbach gemacht hatte, entstand die Wortmarke – entweder durch Verwendung einer oder aus der Kombination mehrerer Übungen. Für den Briefbogen und den Umschlag wurden durch das Verschieben der einzelnen Elemente (Wortmarke, Adressteil, Textteil) verschiedene Bildkompositionen ausprobiert. Dabei war es interessant zu beobachten, wie sich eine Bildwirkung verändert, wodurch eine Aussage beeinflusst wird usw. Nebenbei bekamen die Teilnehmer vermittelt, welche Regeln bei der Gestaltung unbedingt beachtet werden müssen und welche vernachlässigt werden können.

Alle Teilnehmer waren überrascht zu sehen, mit welch einfachen Mitteln Gestaltung möglich ist. Ganz ohne Computer und Stifte, ausschliesslich mit Schere, Kleber und Kopierer. Beeindruckend war außerdem die Bandbreite der Ergebnisse. Trotz des immer gleichen Ausgangsmaterials entstanden die unterschiedlichsten Schriften und Layouts.

Informationen über Prof. Susanna Stammbach